Samstag, 10. Februar 2024, Mündener Allgemeine / Lokales
„Schwerkraft reißt irgendwann alles mit“
MEHR ZUM THEMA – Starke Regenfälle führten zu Hangrutsch zwischen Gimte und Hemeln
VON THOMAS SCHLENZ UND KIRA MÜLLER
Hann. Münden – Ein Hangrutsch hat am Freitag beide Fahrspuren der Landesstraße zwischen Gimte und Hemeln unter sich begraben. Edward Dersch, Betriebsdezernent beim Forstamt Münden, erklärte, dass am Montag ein Geologe den Hang untersuchen werde, damit über weitere Maßnahmen zur Absicherung entschieden werden könne.
Gestern Mittag hätten Arbeiter mit einem Bagger eine Rinne in den Hang gezogen, um zu sehen, wohin das Wasser ablaufe. In den kommenden 72 Stunden werde man beobachten, wie sich der Hang verhalte, um ein weiteres Abrutschen zu vermeiden. Als Grund für den Hangrutsch führte Dersch die starken Regenfälle der letzten Zeit an.
Seit Oktober vergangenen Jahres habe es extreme Niederschläge in der Region gegeben, allein im Dezember 280 Prozent mehr Regen als normal. Der Boden sei so übersättigt, dass er kein Wasser mehr aufnehmen könne. Das führe dann zu oberflächennahen Abflüssen.
Die Stelle, an der der Hang abgerutscht ist, sei besonders steil, sogar eine der steilsten im Bereich des Forstamts Münden, sodass auch die Wurzeln der Bäume sich nicht mehr hätten halten können. „Dann reißt irgendwann die Schwerkraft alles mit“, so Dersch. Ähnliche Probleme gebe es beispielsweise auch im Bereich Eichhof.
An der schwächsten Stelle sei dann der Hang abgerutscht. Der Unterboden bestehe an der Stelle aus Buntsandstein, darüber 30 bis 40 Zentimeter Löslehm als Oberboden. Der Buntsandstein sei ein Gestein, das bei derartigen Belastungen dann ebenfalls in Bewegung geraten könne.
Um den Hang sichern zu können, müsse sich am Montag zunächst ein Geologe ein Bild von der Lage machen. Nach Inaugenscheinnahme des Geländemodells entscheide dieser schließlich, wie es weitergehe. Die sorgfältige Prüfung brauche seine Zeit.
Ein Sprecher der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Geschäftsbereich Bad Gandersheim, bestätigte, dass die Situation der Hänge entlang mehrerer Straßen in Hann. Münden aufgrund der Topografie knifflig sei. So beispielsweise entlang der Bundesstraßen B3 und B80, wo zwischen Hann. Münden und Hedemünden derzeit der Hang unter anderem mit Netzen gesichert wird. Die Landesbehörde habe diese Stellen genau im Blick, man könne aber auch nicht alle Straßen mit Netzen sichern, um solche Situationen komplett auszuschließen.
2017 hatte es an anderer Stelle der Straße zwischen Gimte und Hemeln eine ähnliche Situation gegeben: Damals herrschte im Sommer tagelanger Dauerregen. Der Hangrutsch hatte Bäume und 140 Meter Leitplanke mitgerissen, die Straße war gesperrt.
Wer von Münden nach Hemeln oder umgekehrt wollte, musste über Dransfeld fahren. Auch der Abschnitt zwischen Gut Eichhof und Volkmarshausen war 2017 nicht befahrbar.
Auch damals war Reinhardshagen nicht auf direktem Weg per Fähre erreichbar, weil die Weser Hochwasser führte. Ein Geologe untersuchte auch 2017 den Hang, erst als klar war, dass keine Abrutschgefahr mehr besteht, wurde die Straße wieder freigegeben. Doch damit nicht genug: Am 19. März 1994 war ebenfalls der Erdboden samt Baumbestand auf die Straße gerutscht, wie unsere Zeitung berichtete. Das Unglück 1994 ereignete sich nur 300 Meter entfernt von dem Hangrutsch 2017. Auch hier waren es anhaltende Regenfälle, die zum Abrutschen der Erdmassen geführt hatten.
Weil die Fähre nach Reinhardshagen wegen des Hochwassers nicht fahren könne, bleibe nur die weiträumige Umleitung über Ellershausen, um nach Hann. Münden zu gelangen.
„Da wir im Ort viele Pendler haben, hoffe ich inständig, dass die Behörden zügig arbeiten, damit der Verkehr schnellstmöglich wieder rollen kann“, sagt Thomas Baake, Ortsbürgermeister von Hemeln. Notfalls sei ihm auch eine Ampelregelung recht.
Die Sperrung betreffe nicht nur die Hemelner, sondern auch Menschen aus der Gemeinde Weserteil und dem Bereich Uslar. „Ich habe Verständnis dafür, dass der Hang jetzt zunächst untersucht werden muss, aber das muss effizient ablaufen für die Bevölkerung.“
Eine Brücke als feste Querung über die Weser, wie sie seit Langem diskutiert wird, sei zwar gerade für solche Fälle wünschenswert, aber aus seiner Sicht nicht realistisch. „Weder Münden noch Reinhardshagen haben Geld dafür und ob Land und Bund welches zur Verfügung stellen würden, ist auch fraglich“, so Baake.
Ursache des Hangrutsches sei seiner Meinung nach der wochenlange Dauerregen, der die Böden vielerorts aufgeweicht habe. Das sei aber auch in der Vergangenheit immer wieder mal vorgekommen, bestätigte Baake.