Pressebericht HNA 22.07.2023

Samstag, 22. Juli 2023, Mündener Allgemeine / Lokales

„Ein großer menschlicher Verlust“

NACHRUF – Wirt Andreas Bohle aus Hemeln war überregional bekannt

VON PETRA SIEBERT

Wirt Andreas Bohle vor dem Gasthaus „Zur Fähre“ in Hemeln. Er ist im Alter von 54 Jahren gestorben. Archiv Foto: thomas schlenz

Hemeln – Der Hemelner Andreas Bohle, Inhaber des Gasthauses „Zur Fähre“, ist am Freitag, 14. Juli, im Alter von 54 Jahren gestorben. Die Beerdigung findet am Montag, 24. Juli, 14 Uhr auf dem örtlichen Friedhof statt.

Den Menschen zugewandt, dem Ort, den Vereinen, Verbänden und Organisationen war er sehr verbunden. Ehrlichkeit, Einfühlungsvermögen, Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Großzügigkeit, soziales Verhalten waren Tugenden, die ihn als besonderen Menschen auszeichneten. Erzählungen aus dem Ort zufolge hatte er zwei Fehler: Er konnte nicht „Nein“ sagen, und er wollte keine Veränderungen.

Bohle war Mitglied in vielen Vereinen und stand als Sponsor bei Anschaffungen immer zur Stelle, wollte aber nie öffentlich genannt werden. Er war einer der Hauptsponsoren, als es um den Erhalt der Hemelner Grundschule ging. Selbst sein Grundstück und seine Scheune hat er für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. Politisch hat Andreas Bohle seine Meinung fest vertreten, war aber als SPD-Mitglied kein Sprachrohr für seine Partei.

Die Hemelner bringen ihm auch nach seinem Tod sehr viel Wertschätzung entgegen, die Trauer im ganzen Ort ist groß. Kein schlechtes Wort, keine Beschwerde oder Kritik wird über ihn laut. „Ich kenne keinen Menschen, der Andreas Bohle nicht mochte. Für Hemeln ist sein Tod ein großer menschlicher Verlust“, sagt Ortsbürgermeister Thomas Baake.

Er könne sich noch an die Geburt und Kindheit von Andreas erinnern, denn er habe damals in einem Haus von Andreas Bohles Großtante gewohnt. Später sei Andreas dann drei Jahre lang in einer Fahrgemeinschaft mit ihm und Dirk Wedekind zur Arbeit nach Göttingen gefahren.

Nach der Ausbildung hat er in Kassel erfolgreich den Diplomstudiengang Maschinenbau absolviert. Doch recht schnell ist er in den elterlichen Betrieb, das Gasthaus, eingestiegen.

Baake betont, dass Bohle für sich keinen großen Luxus eingeräumt hat, jedoch anderen hat er keinen Wunsch abschlagen können. Seine Steckenpferde waren Aktien und Politik. Er hat nach Darstellung des Ortsbürgermeisters nie im Vordergrund stehen wollen, er sei nie aggressiv oder ausfallend geworden. „Wenn Andreas ärgerlich war, hat er vor sich hin gebrummt“, erzählt Baake.

„So eine große und aufrichtige Anteilnahme habe ich bei keinem anderen Todesfall erlebt“, stellt Hemelns ehemaliger Bürgermeister Alfred Uhrhahn fest. „Für uns alle war die Nachricht des Todes von Andreas Bohle ein Schock“. In allen sozialen Medien habe sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet. Auch Urhahn lobt die Großzügigkeit und Menschlichkeit des Verstorbenen. Er erinnert sich an die jüngste Aktion „Hemeln putzmunter“. Der Veranstalter habe dort einige Kisten Getränke für die Helfer geordert. Als es ans Bezahlen ging, habe Bohle abgewinkt. Ähnlich war es kürzlich beim Konzert des Musikexpress. Wegen großer Hitze im Dreschschuppen fehlte Mineralwasser, auch da sponserte er einige Kisten.

„Nicht nur in Hemeln ist man geschockt von der Nachricht des Todes von Andreas Bohle, auch in Münden breitete sich die Nachricht in Nullkommanix aus“, berichtet Dorfmoderatorin Nortrud Riemann. Auch sie erzählt, dass er Vereine immer großzügig unterstützt habe.

Beliebt sei Bohle auch bei vielen Jugendlichen im Ort gewesen. Ab 16 Jahren konnten sie bei guter Bezahlung aushelfen, Voraussetzung, sie brachten gute Schulnoten mit nach Hause. Trinkgeld durften sie behalten und unter sich aufteilen. Von den Jugendlichen hat Riemann gehört, dass er ein toller Chef gewesen sei. „Als Mensch wird Andreas in Hemeln fehlen, niemand könne je etwas Negatives über ihn sage, er war einfach ein netter Kerl.“

Als guter Freund war Dirk Wedekind einmal wöchentlich Gast in der „typischen Dorfkneipe“ wie er sagt. „Es war auch ein sozialer Treffpunkt“, macht Wedekind deutlich. „So beispielsweise habe ich für einen Rentner den kompletten Rentenantrag in der Gaststätte fertiggestellt“. Bohle habe über ein großes soziales Netzwerk verfügt. Er habe Menschen aus vielen Bereichen gekannt und hat Hilfe untereinander vermittelt. „Sein Einfühlungsvermögen und sein soziales Herz ließen ihn spüren, wenn es einzelnen Menschen nicht so gut ging. Bei finanzieller Knappheit wurde dann der Deckel vernichtet. Oder statt drei Getränken wurde nur eins, bei Speisen nur die Hälfte berechnet“, erzählt Wedekind.