Samstag, 31. August 2024, Mündener Allgemeine / Lokales
„Ein Bach wie ein reißender Fluss“
Zahlreiche Keller und Straßen in Hemeln überflutet – Wind deckte Dach ab
VON JULIAN BRÜCKMANN UND THOMAS SCHLENZ
Hann. Münden – Ein Unwetter mit Starkregenfällen hat den Mündener Ortsteil Hemeln am Donnerstagabend schwer getroffen. Straßen und Keller wurden von den Wasser- und Schlammmassen innerhalb kürzester Zeit verwüstet. Hemelns Ortsbrandmeister Martin Koch sprach noch am Abend von über 40 Einsätzen im Ort, bei der Kommunalen Regionalleitstelle in Göttingen war sogar von 60 Einsätzen die Rede. Das Dach einer Scheune wurde ebenfalls abgedeckt.
Aufgrund von Unwetterschäden an der Fahrbahn muss die Kreisstraße K221 in Hemeln zwischen der Fähre und der Hauptstraße bis auf Weiteres in Teilbereichen gesperrt werden. Die Durchfahrt ist weiterhin möglich, ist jedoch auf 3,5 Tonnen zulässiges Gesamt-Gewicht beschränkt. In den kommenden Wochen muss aufgrund von Baumaßnahmen zur Beseitigung der Schäden mit weiteren Einschränkungen gerechnet werden, teilte der Landkreis Göttingen mit.
„Bei uns im Ort hat es so ziemlich alle erwischt“, berichtet Hemelns Ortsbürgermeister Thomas Baake (SPD). Das Wasser sei aus dem Bramwald mit ungeheurer Kraft gekommen und habe auch das Stroh von den Feldern mitgerissen. Die Straße „Trift“ habe sich in einen Sturzbach verwandelt. Die Gräben und Kanäle seien mit den enormen Wassermassen nicht mehr fertig geworden. Überall im Ort sei die Solidarität groß. Man helfe sich gegenseitig. Die Feuerwehr sei ebenfalls im Einsatz, auch viele Nachbarwehren seien dabei, zusammen mit dem THW, den Kommunalen Diensten und der Firma Kirchner. Die Zusammenarbeit klappe hervorragend. „Ich danke allen Helfern für ihr Engagement“, so Baake. Eine genaue Angabe zur Höhe der Schäden sei noch gar nicht möglich.
SPD-Ratsmitglied Dirk Wedekind erlebte ebenfalls die Gewalt der Wassermassen. Bei ihm sei außer einer schlammgefüllten Einfahrt nicht viel passiert, aber am Abend habe das Wasser so hoch auf der Straße gestanden, dass kein Durchkommen zum Haus mehr möglich war. Im Bereich an der Beeke sei es besonders schlimm gewesen. Dass am Abend kein Durchkommen war, bestätigt auch Katja Weddig, die am Weserradweg ein Gästehaus führt. In ihren privaten Keller sei Wasser eingedrungen. „Wer in Hemeln wohnt, der hat eine Pumpe“, sagt sie. Gabriele Leppin vom Liederhof Hemeln erklärte, dass sie im Vorfeld keine Warnung per App erhalten habe. Bei ihr sei aber zum Glück nur der Garten geflutet worden.
„Wir standen kniehoch im Dreck“, sagt Christiane Gründler. Sie wohnt im Haus an der Hauptstraße Ecke Weserstraße. In der gesamten unteren Etage ist das Wasser eingedrungen. „Fliesen, Laminat, einige Möbel – alles muss raus“, sagt sie. Aber die Nachbarschaft habe zusammen gehalten. „Es gab Hilfe ohne Ende.“ Nun könne sie Umzugskartons gebrauchen, um ihre Besitztümer erst mal zwischenzulagern.
Es wurden Teppiche, Habseligkeiten und vieles mehr aus den Häusern gerettet. „Es war ein Bach wie ein reißender Fluss“, beschrieb eine Anwohnerin die Situation am Vorabend. Sie habe Menschen gesehen, die mit Schneeschiebern gegen die Schlammlawinen ankämpften. Besonders betroffen seien neben der Trift auch die Hauptstraße und die Weserstraße gewesen. Auch der Weg zur Fähre ist unterspült worden. „Wir konnten unsere Gäste nur noch bitten, schnell reinzukommen“, sagt Sabine Weiß, Mitarbeiterin des Gasthauses „Zur Fähre“.
Viele Anwohner begegneten den Unwetterschäden nüchtern. „Das ist schon hart, aber was will man machen“, so der Tenor. Gegen 19 Uhr habe der Starkregen eingesetzt. Etwa eineinhalb Stunden später war es vorbei. Die Schäden hallen weiter nach.
„Rund 100 Haushalte sind betroffen“, sagt Ortsbrandmeister Martin Koch. Er rechnet damit, dass die Arbeiten der Feuerwehrleute noch bis Freitagabend andauern werden. Dann seien sie 24 Stunden im Einsatz gewesen. Vor allem seien sie damit beschäftigt, Keller und Erdgeschosswohnungen auszupumpen. Auch den Aussiedlerhof habe es schwer getroffen. „Dort sind Teile des Dachs 300 Meter weit weggeflogen“, so Koch. Verletzt habe sich zum Glück niemand.